Drei Feste, drei Eigenschaften
(ordonline.de – Paraschat Balak)
:וַיִּפְתַּח ה' אֶת־פִּי הָאָתוֹן וַתֹּאמֶר לְבִלְעָם מֶה־עָשִׂיתִי ל ְָך כִּי הִכִּיתָנִי זֶה שָׁלשׁ רְגָלִים
Da öffnete Haschem den Mund der Eselin und sie sagte zu Bilam: „Was habe ich dir getan, dass du mich nun schon dreimal geschlagen hast?“ (4. Mose 22:28)
Raschi deutet auf die ungewöhnliche Wortwahl in diesem Vers hin: normalerweise wird auf Hebräisch der Ausdruck שָׁלשׁ פְּעָמִים gebraucht, wenn man „dreimal“ sagen will, aber hier stehen die Worte שָׁלשׁ רְגָלִים. Raschi interpretiert, dass angedeutet wird, Bilam wollte ein Volk ausrotten, das drei Wanderfeste im Jahr feiert. Warum wird gerade die Mitzwa, an den drei Wallfahrtsfesten (Pessach, Schawuot und Sukkot) nach Jerusalem zu wandern (pilgern), von allen Mitzwot ausgewählt?
Bilam wollte anscheinend insbesondere die drei Wallfahrtsfeste vom jüdischen Volk entfernen. Schem MiSchmuel (Rav Schmuel Bornstein, zweiter Sochatchover Rebbe, 1855-1926) erklärt, dass basierend auf der Mischna in Pirkej Awot 5:22 der Unterschied zwischen Bilam und Awraham Awinu dargelegt wird. Bilam hatte drei verwerfliche Eigenschaften: עַיִן רָעָה (ein böses Auge), רוּח גְּבוֹהָה (einen stolzen Sinn) und נֶפֶשׁ רְחָבָה (eine anspruchsvolle Seele).
Diese entsprechen den drei negativen Eigenschaften, für die man von dieser Welt genommen wird: קִנְאָה (Eifersucht), תַּאֲוָה (Lust) und כָּבוֹד (Ehre). Eifersucht, Lust und Ehre können zu den drei schlimmsten Sünden führen: עֲבוֹדָה זָרָה (Götzendienst) kommt vom Wunsch nach Ehre und Arroganz, weil man keine absolute Autorität akzeptieren kann, ungebändigte Eifersucht kann zu שְׁפִיכַת דָּמִים (Mord) und unkontrollierte Lust kann zu גִוּלּי עֲרָיוֹת (illegitimen sexuellen Beziehungen) führen.
Die drei Wallfahrtsfeste entsprechen den drei Stammvätern, von denen jeder sich in einem von drei Bereichen besonders hervortat, die dem Schaden aus den drei negativen Eigenschaften entgegensteuerten und die das jüdische Volk vor ihnen beschützten.
Pessach kontert Götzendienst und wird in Awrahams Verdienst gefeiert, der den Glauben an den Einen G-tt verbreitet hat und versucht hatte, den Götzendienst auszurotten. Damit ist die Eigenschaft der Demut verbunden, symbolisiert durch Matza, das einfache, ungesäuerte Brot. Bilams Arroganz stand dazu im totalen Gegensatz.
An Schawuot feiern wir den Empfang der Tora. Wer ganz in die Tora eintaucht, ist vor bösen Gedanken und Versuchungen gefeit. Mit Schawuot ist Jitzchak verbunden, der sich nicht nur selbst von den täglichen Versuchungen abhielt, sondern bereit war, ein Opfer für Haschem zu sein.
An Sukkot leben wir eine Woche lang in provisorischen Hütten und zeigen damit unser absolutes Vertrauen zu G-tt. Dadurch wird Eifersucht getilgt und Einheit herbeigeführt. Auch die Vier Arten – Lulaw, Etrog, Hadassim und Arawot – symbolisieren die Einheit des jüdischen Volkes. Jakow, der sich in Haschems Hand gegeben hatte, als er zuerst zu Lawan und dann nach Ägypten ging, ist mit Sukkot verbunden.
Somit repräsentiert das Feiern der drei Wallfahrtsfeste das Gegenteil der Eigenschaften Bilams. Daher wollte Bilam das Volk auslöschen, das diese Feste feiert und die damit verbundenen guten Eigenschaften hochhält. Das Wunder der sprechenden Eselin enthält die Warnung, gar nicht erst zu versuchen, das Volk zunichte zu machen, das diese Mitzwa hält.