Gedanken zur Geschichte der Trinität

(Restoration Fellowship)


 

[Disclaimer.: Wie im „Glaubensverständnis“ und im „Glaubenszeugnis“ dargelegt, halte ich nur am Tanach und der jüdischen Überlieferung fest und erkenne das Christentum in jeglicher Ausrichtung bzw. Jesus nicht mehr als einen Weg zu HaSchem an. Zugleich wertschätze ich Gregs Gelehrsamkeit und sein Ringen um die Wahrheit.]

 

Plato (ca. 428-348 v. Chr.) glaubte, dass die Mythen über die griechischen Götter falsche, unmoralische Geschichten waren, die von Menschen erfunden wurden (damit könnte er Recht haben!). Er glaubte an eine geistige Welt der Vollkommenheit (eine Welt der Ideen bzw. Formen). Im Grunde glaubte er, dass alles, was wir in dieser Welt sehen, unvollkommene Kopien dessen sind, was in der perfekten, geistigen Welt geschieht.

 

Auch die falsche Lehre von der unsterblichen Seele hat ihren Ursprung vor allem bei Plato. Er gründete eine hellenistische „Philosophieschule“, die im Laufe der Jahrhunderte viele Schüler hatte und die „griechische Philosophie“ im Wesentlichen ausgestaltete und prägte. Wir im Westen neigen dazu, wie Griechen zu denken - nicht wie Hebräer. Die griechische Philosophie hat sogar die Juden beeinflusst. Einer von ihnen war der berühmte Philo (ca. 20 v. Chr. - 50 n. Chr.), der Jude, von dem manche glauben, dass er das Nizänische Glaubensbekenntnis beeinflusst hat, obwohl er bereits seit 300 Jahren tot war. Einige sind sogar der Ansicht, der Ausdruck „Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“ im Nizänischen Glaubensbekenntnis stamme aus den Schriften Philos. Ich habe dies nachgeschlagen und bin überzeugt, dass es höchstwahrscheinlich wahr ist.

 

Laut dem berühmten Kirchenhistoriker Jaroslav Pelikan, der alle 38 Bände der Schriften der Kirchenväter gelesen und kommentiert hat, traten die Neuplatoniker des dritten Jahrhunderts in die Fußstapfen der griechischen Philosophen. Sie griffen alte Ideen auf und entwickelten neue. Eine dieser Ideen war, dass es in der metaphysischen Welt der Ideen die drei Elemente gibt - das Eine (nous), den Intellekt und die Seele – und dass diese drei ontologisch eins sind (eins in der Essenz). Klingt das vertraut?

 

Dies war die Idee von Plotin (ca. 204-270 n. Chr.). Er glaubte, dass das Körperliche böse und das Geistige gut sei, d. h. er vertrat gnostisches Gedankengut. Augustinus von Hippo scheint von dieser Denkweise beeinflusst worden zu sein und machte Sex fast zu einer Sünde - sogar innerhalb der Ehe.

 

Es ist allgemein bekannt, dass einige der frühen christlichen „Kirchenväter“ wie Justin Martyr, Tertullian, Clemens von Alexandria und Theodosius, von der griechischen Philosophie beeinflusst waren. Ich las ihre Schriften und keiner dieser Männer war trinitarisch. Dies ist eine falsche Vorstellung, die von Trinitariern verbreitet wird, die Zitate aus dem Zusammenhang reißen und hoffen, dass niemand (wie ich) die Originalschriften selbst liest!

 

Justin Martyr war ein Arianer (er glaubte, dass der Sohn erschaffen wurde), der den Anfang des „Logos“ (das Wort) an den Anfang der Schöpfung stellte (nicht trinitarisch!). Tertullian glaubte, der Sohn sei dem Vater untergeordnet, was die Kirche natürlich später als häretisch verwarf. Theophilus von Antiochien sprach von Gott, seinem Wort und seiner Weisheit (aber das ist nicht die Trinität!). In der Tat drückt Jaroslav Pelikan aus, dass viele der frühen Kirchenschriftsteller eher „modalistisch“ (der eine Gott manifestiert sich in drei Erscheinungsformen) als trinitarisch dachten.

 

Die frühen Kirchenväter standen mehr für die „Logos-Theorie“ als für die Trinität, d. h. für die Beziehung zwischen Gott und dem Wort. Fast alle von ihnen glaubten, dass der Sohn dem Vater untergeordnet war, was nicht der Trinität entspricht. Im Gegensatz zur Bibel lehrt die Trinität keine Unterordnung. Als Arius die Kirchenväter und die Bibel vor Kaiser Konstantin zitierte, änderte Konstantin seinen Standpunkt und verbannte Athanasius ins Exil. Er wurde Arianer und ließ sich auf dem Sterbebett von einem arianischen Bischof, Eusebius von Nikomedien, taufen.

 

Dann kam Origenes (ca. 184-253). Er war stark von dieser griechischen Philosophie beeinflusst. Er glaubte an die Präexistenz der Seelen (wir alle waren unsterbliche Seelen im Himmel, bevor wir im Mutterleib zu Babys wurden) und er glaubte auch an die universelle Erlösung – jeder wird gerettet werden. Kein Wunder, dass er exkommuniziert wurde! Unter Origenes' Schule in Alexandria wurden all diese griechisch-philosophischen Ideen zum Lesen empfohlen.

 

Es ist interessant, dass ein Mann namens Rufinus zugibt, dass er Origenes' Schriften verändert habe, um dessen Exkommunizierung aufzuheben, nachdem er gestorben war. Wir können beweisen, dass dies der Fall ist, weil Manuskriptfragmente von Origenes' Schriften nicht mit Rufinus' Buch übereinstimmen. Die Schriften des Origenes wurden verbrannt, aber Fragmente blieben erhalten. Origenes war der erste, der die Worte „zeitloser Sohn“ verwendete - obwohl er auch das Wort „geschaffen“ in Bezug auf den Sohn gebrauchte. Er war irgendwie überall vertreten.

 

Wegen der Verfolgung konnten die Gemeinden bis zum Ende des dritten Jahrhunderts nicht sehr leicht miteinander in Austausch treten oder zusammenarbeiten. Im dritten Jahrhundert wurden einige Konzile abgehalten, weil viele Ideen im Umlauf waren:

 

Modalismus bzw. Monarchianismus bzw. Sabellianismus, Unitarismus, Arianismus, Adoptionismus, Doketismus, usw. Als Konstantin angeblich bekehrt wurde (ca. 312), fand er die Kirche in Unordnung vor, und die „große“ Periode der Kirchenkonzile begann. Zu dieser Zeit behauptete Arius, dass der Sohn erschaffen wurde. und das war ein Problem für Athanasius (der ein Trinitarier war) und die Halb-Arianer im Osten, die glaubten, der Sohn sei aus dem Vater gezeugt, wenn auch nicht als ewige „Gott-der-Sohn-Person“. Die Halb- Arianer berieten Arius und dachten, sie hätten ihn für sich gewonnen, aber ich bezweifle dieses Geschehen.

 

Konstantin versuchte, die „Kirche“ (Gemeinde) zu vereinheitlichen und seinem Reich zu helfen. Dazu berief er 325 n. Chr. das Konzil von Nizäa ein. Dort sollte über das Wesen von Jesus, dem Sohn, entschieden werden. Es wurde beschlossen, dass der Sohn „homoousios“ (vom gleichen Wesen wie Gott) und nicht „homoiousios“ (von ähnlichem Wesen wie Gott) ist. Die Entscheidung lautete, der Arianismus sei unorthodox. Nur etwa drei Arianer stimmten gegen das Konzil und wurden ins Exil geschickt. Es wurde keine Entscheidung über den heiligen Geist getroffen, und es gab immer noch viele Vorstellungen darüber, wer oder was der heilige Geist war, sogar bis 381 nach Christus.

 

Was die Trinitarier nie erwähnen: Die Debatte ging nach Nizäa weiter. Arius verschaffte sich Gehör bei Kaiser Konstantin, und dieser und dessen beiden Söhne wurden Arianer. Im Jahr 357 n. Chr. wurde ein weiteres, noch größeres Konzil als Nizäa abgehalten, das den Arianismus für rechtgläubig erklärte (Drittes Konzil von Sirmium). Dies führte zu einer weiteren Spaltung, und Männer wie die „kappadokischen Väter“ - Basilius der Große, Gregor von Nyssa und Gregor von Nazianz - erhoben sich zur Verteidigung der Dreifaltigkeit.

 

Basilius und Gregor von Nyssa waren Brüder, die in einer christlichen Familie aufwuchsen. Ihr Vater (Basilius der Ältere) war von der griechischen Philosophie beeinflusst. Basilius der Große verfasste ein Dokument über den heiligen Geist als dritte, gleichberechtigte und ewige Gottheit der Dreifaltigkeit, welches das Konzil von Konstantinopel im Jahr 381 n. Chr. stark beeinflusste. So wurde der heilige Geist offiziell die dritte, gleichberechtigte und ewige Gottheit der Dreifaltigkeit der Orthodoxie.

 

Alle kappadokischen Väter waren Leser der griechischen Philosophie. Sie versuchten zu ergründen, wie drei verschiedene Personen, von denen jede Gott ist, mit getrenntem Verstand und getrennten Willen, ein Gott und nicht drei Götter sein können. Sie sind nie dazu gekommen. Sie versuchten, all diese Fragen mithilfe griechischer Philosophen wie Plotin zu lösen. Erinnern wir uns an Plotins Lehre der drei Prinzipien - das Eine, der Verstand und die Seele, und diese drei sind ontologisch eins. Sie gaben sogar zu, dass sie die drei Prinzipien nicht logisch in eins verwandelt werden könnten.

 

Seit Jahrhunderten haben Theologen versucht zu verstehen, wie drei Personen - von denen jede Gott ist - ein Gott sein können. Sie ringen mit Fragen wie: Ist Gott eine soziale Trinität (social trinity)? Eine ökonomische Trinität (economic trinity)? Ist das Glaubensbekenntnis von Nizäa richtig, wenn es behauptet, dass Gott eine Hypostase ist? Oder ist das Glaubens-bekenntnis von Konstantinopel richtig, wenn es besagt, dass Gott drei Hypostasen ist? Haben die römischen Katholiken mit ihrer Trinität recht? Oder haben die östlichen Orthodoxen mit der Ihrigen recht? Sind diejenigen, die an die Kenosis (Entleerung) glauben im Recht? Oder diejenigen, die sie ablehnen? Wie könnte Gott der Sohn wirklich Gott bleiben und sich selbst der göttlichen Attribute entleeren, die ihn zu „Gott“ machen?

 

Dies alles hat Augustinus von Hippo (354-430) untersucht. Auch er wurde augenscheinlich von den neuplatonischen Denkern des dritten Jahrhunderts beeinflusst. Durch seine Schriften und durch die vorangegangene Verfolgung durch Kaiser Theodosius, der die Trinität nach dem Konzil von Konstantinopel 381 n. Chr. verbindlich für den Glauben festlegte, setzten sich die Trinitarier durch.

 

Ich persönlich bin überzeugt, dass die wahre Gemeinde (ekklesia) eine kleine Herde ist, die immer wieder als Fußnoten in der Geschichte auftaucht.1 Sie haben nicht alles richtig gemacht, aber sie blieben treu mit den wenigen Kräften, die sie hatten. Ich sage nicht, dass es keine Gläubigen aus Gottes Volk in den großen „Kirchen“ gibt, aber seine Botschaft an sie lautet: „Kommt heraus aus ihr, mein Volk.“

 

Damit endet die Geschichtsstunde. Ein gutes Buch zum weiteren Studium ist When Jesus Became God [Als Jesus Gott wurde] von Richard E. Rubenstein, einem unvorein-genommenen jüdischen Professor, der sich darauf spezialisiert hat, religiöse Konflikte zu verstehen und zu lösen.

 


 

1 Ein schöne Ergänzung zu dieser Aussage ist der Artikel „Klein, aber fein“ von Michael Selutin bezüglich Israel in Jüdische Rundschau 08/2021 [zuerst auf Israel heuteI]