Haben Christen die Trinitätslehre im Schma-Gebet entdeckt?




Frage


Ich stehe kurz vor dem Beginn eines Konvertierungsprozesses. Mein Freund ist Jude und ich möchte konvertieren, bevor wir heiraten. Ich bin seit vielen Jahren überzeugt, dass dies der richtige Weg für mich ist und dass dies der Weg ist, auf dem ich meine Kinder erziehen will. Ich habe eine "wiedergeborene" christliche Freundin, die mich nächstes Wochenende besucht. Sie hat sich sehr für das messianischen Judentum interessiert (obwohl sie Nichtjüdin ist) und ich weiß, dass sie ein langes Gespräch mit mir führen wird. Ich möchte in der Lage sein, ihr intelligent zu antworten.

 

Ich weiß genau, welche Fragen sie mir stellen wird, und ich hätte gerne etwas Hilfe bei der Antwort. Sie wird über die Zeit in der Bibel sprechen (ich weiß nicht mehr, wo das steht), als man eine Probe der Früchte des gelobten Landes zurückbrachte. Offenbar heißt es, dass sie „echad“ Trauben brachten. Das Wort „echad“ bezieht sich zwar auf EINE, meint aber einen ganzen Haufen von Trauben. Wenn wir also von "Adonai Echad" sprechen, können wir über drei Götter in einem sprechen. Nichts davon klingt für mich wahr, aber ich möchte über alles gut nachdenken. Würden Sie mir bitte so schnell wie möglich helfen? (Sie kommt nächstes Wochenende an!)

 

Antwort

 

Ich bin sehr erfreut, dass Sie diese Frage gestellt haben. Ich bin sicher, dass viele unserer jüdischen Leser von Ihrem Dilemma überrascht sein werden. Stellen Sie sich die erstaunte Reaktion eines Juden vor, wenn er entdeckt, dass Missionare sein geliebtes nationales Glaubensbekenntnis („Höre, Israel, der Ewige ist unser Gott, der Ewige ist einer“ [hebräisch: echad]), nutzen, um die Lehre von der Dreifaltigkeit zu beweisen. Zum Erstaunen vieler, berufen sich Trinitarier oft auf diese heilige Stelle, die die Einheit Gottes erklärt, um ihren Glauben an eine Dreieinigkeit Gottes zu stützen.

 

Die Lehre von der Dreieinigkeit hat keinen größeren Feind als die Erklärung in Deuteronomium 6. Lassen Sie uns dieses abgedroschene Argument der Missionare genauer untersuchen. Um ihre Behauptung zu untermauern, dass es mehrere Personen in der Gottheit gebe, beharren die Missionare darauf, dass das hebräische Wort „echad“, das „einer“ bedeutet, am Ende von Deuteronomium 6:4 nicht eine absolute Einheit bedeute. Vielmehr argumentieren sie, dieser Vers könne nur eine „zusammengesetzte Einheit“ bedeuten, oder viele Dinge in einem. Sie zitieren oft zwei Verse zur Unterstützung dieser Behauptung.

 

Der erste ist der Text, den Sie erwähnt haben: „Dann kamen sie in das Tal Eschkol und schnitten dort einen Zweig mit einer (echad) Traube ab; den trugen sie zwischen zwei von ihnen auf einer Stange. Sie brachten auch einige von den Granatäpfeln und Feigen“ (Num 13:23).

 

Der zweite ist Genesis 1:5, wo es heißt: „Und es wurde Abend und es wurde Morgen, ein Tag (echad)“.


Aus diesen Versen, so betonen sie, gehe klar hervor, dass das hebräische Wort echad nur eine Verschmelzung von mehreren zu einem Einzigen bedeute. Obwohl diese Behauptung ebenso fehlerhaft ist wie die Lehre, die sie zu stützen versucht, kann das Argument für diejenigen, die keine elementaren Kenntnisse der hebräischen Sprache haben, ziemlich rätselhaft sein.

 

Das Wort „echad“ hat im Hebräischen genau die gleiche Funktion wie das Wort „one“ in der englischen Sprache. In der englischen Sprache kann man sagen: „Diese vier Stühle und der Tisch bilden eine Essecke." Oder alternativ: „Ich habe einen Penny in der Hand“. Anhand dieser beiden Beispiele ist leicht zu erkennen, wie das englische Wort „one“ entweder viele Dinge in einem bedeuten kann, wie im Fall des Esstischsets, oder eines allein, wie im Fall des Groschens.

 

Obwohl das hebräische Wort „echad“ auf die gleiche Weise funktioniert, werden evangelikale Christen nie biblische Beispiele anführen, in denen das Wort echad „eins allein“ bedeutet. Wenn sie also nur Bibelverse wie 1. Mose 1:5 und 4. Mose 23:13 vorlegen, wird dem Neuling die Illusion vermittelt, dass das Wort „echad“ irgendwie gleichbedeutend sei mit einer zusammengesetzten Einheit. Natürlich könnte nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein.

 

In 5. Mose (Devarim) 17:6 lesen wir zum Beispiel: „Auf den Mund von zwei oder drei Zeugen hin soll der, der des Todes würdig ist, hingerichtet werden; aber auf den Mund eines einzigen (echad) Zeugen soll er nicht hingerichtet werden.“

 

In Prediger 4:8 heißt es: „Da ist einer (echad) allein, ohne einen Gefährten; ja er hat weder Sohn noch Bruder ..."


In den beiden obigen Versen wird genau dasselbe hebräische Wort verwendet, und das Wort echad bezieht sich eindeutig auf einen allein, nicht eine „zusammengesetzte Einheit“.

 

Es gibt eine Frage, die sofort in den Sinn kommt: Wenn das hebräische Wort echad entweder eine zusammengesetzte Einheit oder eine einzelne Einheit bedeuten kann, wie kann man beim Studium eines Verses erkennen, welche Definition zutreffend ist? Die Antwort liegt im Kontext, der immer ausschlaggebend ist. Genauso wie das Wort „one“ in der englischen Sprache verstanden wird, nämlich aus dem Kontext. „Vier Stühle und ein Tisch bilden eine Essecke“ ist eine zusammengesetzte Einheit. Hingegen ist „Höre, Israel, der Ewige ist unser Gott, der Ewige ist einer“ der ungetrübte Monotheismus.

 

Ich danke Ihnen für Ihre Frage, und möge der Barmherzige Sie in Ihrem Konvertierungsprozess leiten.

 

Mit freundlichen Grüßen,
Rabbiner Singer

 

[Anmerkung des Übersetzers: Auch bei dem Beispiel der Essecke bezieht sich das Wort „eins“ streng auf die Essecke und nicht die einzelnen Bestandteile. So könnte ich weiter zählen: zwei Essecken, drei Essecken … Das Zahlwort beschreibt nie die Zusammensetzung des Wortes „Essecke“. Genau gleich verhält es sich mit Worten wie „Familie“ oder „Mannschaft“. Spreche ich von einer Familie, bezieht sich das Wort „eine“ strikt auf die Tatsache, dass ich genau eine Familie meine und nicht an ihre Zusammensetzung denke.]

 

Ergänzend sei der Historiker Will Durant zitiert: „Das Christentum hat das Heidentum nicht zerstört, es hat es übernommen. Der griechische Geist, der im Sterben lag, übersiedelte in ein neues Leben in der Theologie und Liturgie der Kirche; die griechische Sprache, die jahrhundertelang die Philosophie beherrschte, wurde zum Vehikel der christlichen Literatur und andere heidnische Kulturen trugen zu dem synkretistischen [ein Sammelsurium und eine Mischung verschiedener Religionen] Ergebnis bei. Aus Ägypten kamen die Vorstellungen von einer göttlichen Dreifaltigkeit ... und die mystische Theosophie, die den Neuplatonismus sowie den Gnostizismus hervorbrachte und das christliche Glaubensbekenntnis verdunkelte ... [Das orthodoxe] Christentum war die letzte große Schöpfung der alten heidnischen Welt.“ (Caesar und Christus: Die Geschichte der Zivilisation, Bd. 3, S. 1.)